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Verpasste Tests: Dopingkontrolleure räumen krasse Fehler ein

Die Nationale Doping-Agentur Nada ist offenbar äußerst schlampig mit Athleten umgegangen, die zu Doping-Tests nicht erschienen sind. 2006 sei das bei 201 Sportlern der Fall gewesen.

Berlin - Das Eingeständnis kam überraschend. Vertreter der Nationalen Anti-Doping-Agentur haben vor deutschen Sportpolitikern erstmals krasse Fehler bei der Umsetzung des Trainings-Kontrollsystems zugegeben. "Wir müssen hier einräumen, dass wir im vergangenen Jahr 201 Fälle von nicht angetroffenen Sportlern an die Sportverbände hätten weitergeben müssen", erklärte Armin Baumert, der neue Vorstandsvorsitzende der Nada, in Berlin bei einer öffentlichen Anhörung im Sportausschuss des Deutschen Bundestags.

Die Anhörung war angesetzt worden, nachdem in der ARD-Sendung "Mission Sauberer Sport" von 400 Fällen im Jahr 2006 die Rede war, bei denen Athleten zu Doping-Tests nicht angetroffen worden waren. "Diese Zahl können wir hier streichen, sie stammt nicht aus unserem Hause", wiederholte Nada-Geschäftsführer Roland Augustin. Er stellte klar, dass es sich bei den 201 nicht erfolgten Meldungen um so genannte "Missed Tests", laut Nada-Regularien also um einen Verstoß gegen die Meldepflicht durch Athleten, gehandelt habe. Augustin bestätigte indirekt jedoch die Richtigkeit des ARD-Berichts, indem er von 8,7 Prozent erfolglosen Kontrollen im Jahr 2006 sprach. Bei 4418 durchgeführten Kontrollen wären das 385 verpasste Tests ("No Shows") gewesen.

Augustin: Viele Athleten 2006 doch noch kontrolliert

Augustin fügte hinzu, dass viele Athleten, die von den 201 nicht erfolgten Meldungen betroffen waren, im Jahr 2006 doch noch kontrolliert worden sind und offene Frage nachträglich geklärt wurden. "Insgesamt bleiben 40 Fälle übrig. Mit diesen Athleten werden wir am Freitag entsprechende Gespräche führen", räumte der Geschäftsführer ein. Ungeklärt blieb aber, ob in diesen 40 Fällen nicht längst hätten Sanktionen folgen müssen. "Solche Fälle darf es im Jahr 2007 nicht mehr geben", forderte Augustin.

Michael Vesper, der Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), erklärte, er sei sehr besorgt über die Zahlen. "Es ist unbedingt wichtig, die nicht erfolgten Kontrollen den Verbänden zu melden. Dies ist nötig, um überprüfen zu können, ob die Abwesenheit eines Athleten nun dessen Schuld ist oder andere Gründe hat", stellte er klar. Er forderte daher von der Nada eine bessere Informationspolitik. Es könne nicht sein, dass die Nada Mitte Januar über eine neue Politik in Sachen "Missed Test" zum 1. Januar 2007 informiert, die mit den Verbänden gar nicht abgestimmt gewesen sei. "Wir brauchen klare Regeln und eine bessere Abstimmung", betonte er. Augustin bestätigte, dass "die Nada ihre Regeln an einigen Stellen schärfen" müsse. "Die Nada war einfach zu nett", fügte er hinzu.

"Blut-Doping wird überhaupt nicht erfasst"

Zweifel, ob das praktizierte Kontrollsystem überhaupt zukunftsfähig ist, äußerte Clemens Prokop, Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV): "Blut-Doping wird überhaupt nicht erfasst, und auch ist die Kontroll-Dichte noch mangelhaft", sagte Prokop und enthüllte zudem eine überraschende Entwicklung: "Im Seniorensport waren in der Vergangenheit 80 Prozent aller Kontrollen positiv." Als Senioren (international: "Masters") gelten männliche und weibliche Leichtathleten im Alter ab 35 Jahren. Diese Jahrgänge verzeichnen im DLV die größten Zuwachsraten.

Armin Baumert äußerte vor den Politikern auch Kritik an der Finanzausstattung der Nada. "Das ist ein Hungerlohn, den die engagierten Kontrolleure erhalten. Ich schäme mich dafür", bekannte der Vorsitzende und forderte einen engeren Schulterschluss von DOSB und Nada. "Die Zeit, in der wir uns belauern, wer was macht, ist vorbei. Der Blick geht nach vorn", sagte Baumert. (tso/dpa)

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