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Sport: Klingeln gehört zum Geschäft - DLV-Präsident Digel lassen Schadensersatzdrohungen kalt

"Die Schadensersatz-Uhr tickt." Mit schwerem Geschütz droht der Anwalt des bei Dopingkontrollen zweimal positiv getesteten Dieter Baumann, Michael Lehner, dem Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV).

"Die Schadensersatz-Uhr tickt." Mit schwerem Geschütz droht der Anwalt des bei Dopingkontrollen zweimal positiv getesteten Dieter Baumann, Michael Lehner, dem Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV). Der Verband hatte vor zehn Tagen die Suspendierung des Läufers aufrechterhalten und beim DLV-Rechtsausschuss eine zweijährige Sperre beantragt. Helmut Digel bleibt bei derartigen Aussagen gelassen. Der DLV-Präsident geht nicht davon aus, dass Lehners angekündigte Lunte beim DLV eine Explosion verursachen könnte. "Klingeln gehört zum Geschäft. Man will mit spektakulären Schadensersatzforderungen die Öffentlichkeit beeindrucken. Eine Schadensersatzklage könnte ich nicht verstehen, denn wir haben unsere mit den Athleten selbstgesetzten Regeln eingehalten", erklärte der DLV-Präsident dem Tagesspiegel. Stattdessen stellt Helmut Digel generell bei Dopingfällen eine andere Überlegung an: "Wenn alles richtig ist, was die Rechtsexperten uns empfehlen, dann wäre die notwendige Konsequenz, dass man auch darüber spricht, dass wir Schadensersatz fordern von schuldig gesprochenen Athleten. Denn sie fügen uns und der Leichtathletik auch Schaden zu."

Für Dieter Baumann wäre der Weg vor ein ordentliches Gericht ganz regulär offen gewesen. Denn, wie Digel erklärt, hatten die DLV-Athleten im seit 1999 geltenden, neuen Athletenvertrag "die Möglichkeit, zwischen zwei Varianten zu wählen. Es gab auch die Möglichkeit, die Athletenvereinbarung ohne die Schiedsgerichtsergänzung zu unterschreiben. Baumann hat sich aber für die Schiedsgerichtsvereinbarung entschieden." Diese Möglichkeit hatte Uta Pippig, die 1998 positiv getestet wurde, 15 Monate später vom DLV-Rechtsausschuss schuldig gesprochen wurde und nun vor das Schiedsgericht geht, damals nicht. Beim Schiedsgericht stellt jede Partei einen Richter, der Vorsitz wird von einem neutralen Richter übernommen. Den Gang vor ein ordentliches Gericht bezeichnet Uta Pippigs Berliner Anwalt David Merz angesichts des Athletenvertrages als "auf keinen Fall leicht". Angesichts der Ausgangsposition bei Baumann durch die Wahlmöglichkeit zwischen Schiedsgericht des Deutschen Sport-Bundes (DSB) und ordentlichem Gericht dürfte es für den Läufer schwer sein, vor ein ordentliches Gericht zu gehen. "Wenn es diese Wahlmöglichkeit gab, und er hat sich für das eine entschieden, dann kann er danach nicht das andere bevorzugen", sagt David Merz. "Es sei denn, das Schiedsgericht macht Fehler. Aber", so Merz, "ordentliche Gerichte haben das System bisher bestätigt."

Der Fall Uta Pippig wird der erste sein, der vom DSB-Schiedsgericht behandelt wird. Das dürfte erst nach Ablauf der Zwei-Jahres-Sperre im April passieren. Aber der Anwalt, der das Urteil des DLV-Rechtsausschusses als rechtswidrig bezeichnet hatte, bringt dem Schiedsgericht durchaus Vertrauen entgegen. Und er nimmt Dieter Baumann gewisse Illusionen. Der Läufer setzt darauf, dass der Rechtsausschuss seinen Fall nach der Anhörung am 14. Februar anders bewertet. "Aber Baumann und sein Anwalt sagen in dieser Situation genau das, was wir damals gesagt haben", sagt Merz. "Das Ergebnis kann kein anderes sein als bei Uta Pippig. Es sei denn, es wird noch einer gefunden, der die Zahnpastatuben manipuliert hat."

Eine Schadensersatzforderung seitens von Baumann hält der Pippig-Anwalt für schwierig. Nach einem Freispruch müsse konkret nachgewiesen werden, welche Einnahmen entgangen sind. "Bei möglichen Rennen kann man schlecht behaupten, hier hätte ich gewonnen. Und auch bei Sponsoren wird das sehr schwer", sagt Merz.

"Dieter Baumann hat jetzt das gleiche Problem wie Uta Pippig", sagt DLV-Präsident Helmut Digel. "Die Möglichkeiten, ihre Unschuld zu beweisen, sind vor dem Hintergrund der bestehenden Regeln nur begrenzt gegeben. Das ist ein Problem des Anti-Doping-Konzeptes, das sich schon lange stellt."

Rechtlich anders gelagert ist die noch nicht beendete Schadensersatzklage von Katrin Zimmermann-Krabbe. Die Neubrandenburger Sprinterin hatte vor dem Oberlandesgericht München Recht bekommen. Die Verlängerung ihrer DLV-Sperre durch den Weltverband IAAF auf drei Jahre bei Medikamentenmissbrauch sei unangemessen. Daher verklagt sie die IAAF.

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