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Sport: Real Madrid wollte einen Superstar kaufen und hat einen Anelka bekommen

Für kurze Zeit schnellten die Aktien von Nicolas Anelka bei Real Madrid sprunghaft in die Höhe. Nach einer Vorrunde mit zahlreichen Skandalen aber ohne Torerfolge hat die 64 Millionen Mark teure Investition Anelka Vollzug gemeldet.

Für kurze Zeit schnellten die Aktien von Nicolas Anelka bei Real Madrid sprunghaft in die Höhe. Nach einer Vorrunde mit zahlreichen Skandalen aber ohne Torerfolge hat die 64 Millionen Mark teure Investition Anelka Vollzug gemeldet. Gleich drei Treffer erzielte der französische Superstar bei der Vereinsweltmeisterschaft in Brasilien. Doch dann kam der Absturz: Ein Riß des rechten Innenminiskus setzt den bis dahin erfolgreichsten Torschützen des Turniers für mindestens acht Wochen außer Gefecht. Die Aktie Anelka ist auf dem Weg in ein neues Allzeittief.

"Anelka zu verpflichten ist ein Wahnsinn, aber es ist ein heiliger Wahnsinn" kokettierte Reals Präsident Lorenzo Sanz im Sommer mit der höchsten Ablösesumme, die je in Spanien gezahlt wurde. Und während der vom heiligen Wahnsinn beseelte Präsident sich für seinen Coup feiern ließ, trottete der neu erworbene Superstar stumm neben seinen Kameraden her. Ohne ein Wort Spanisch zu verstehen, wurde Anelka nur zwei Wochen vor Saisonbeginn in Reals Kader geworfen. Madrids neu erkorener Fußball-Messias erwies sich sehr bald als introvertierter, schwer zugänglicher Jüngling, der die Umkleidekabine als einer der ersten verläßt und nie zu offiziellen Anläße erscheint.

Furore machte Anelka bislang nur außerhalb des Spielfeldes. Das Dementieren von eigenen Aussagen entwickelte sich zu seiner Lieblingsbeschäftigung. Egal welche Zitate die Presse veröffentlichte, Anelka dementierte stets. Mal klagt er, es sei "an der Zeit, mit dem Fußball aufzuhören", tags darauf erzählt er, "ich mache gerne Witze". Der zwanzigjährige Witzbold kassiert eine Jahresgage von sechs Millionen Mark. Dass dieses Einkommen in keinem Verhältnis zu seinem Einkommen steht, stört Anelka herzlich wenig. Es macht halt keinen Spaß bei Real, "ich spiele nicht auf meiner Position, und deshalb schieße ich keine Tore".

Wer als teuerster Spieler aller Zeiten nach Madrid kommt, ist im fußbalverrückten Spanien dazu verdammt, ein Nationalheld zu werden. Anelka verweigerte sich dieser Rolle konsequent. Selbst den unerläßlichen Stolz, das weiße Trikot des königlichen Klubs zu tragen, zeigt er nicht. "Liebe zum Verein gibt es nicht," sagt er lakonisch. Im Fernsehen veralberte ihn eine satirischen Puppen-Show als wortkargen Computer-Freak, der unentwegt einen Joystick bearbeitet. "Real wollte einen Superstar kaufen und hat Anelka bekommen," lästerte die Sportzeitung Marca. Andere Sportzeitungen veröffentlichten Fotos von Anelkas Trainingstoren mit dem Kommentar: Er kann tatsächlich Tore schießen.

Anelka fühlt sich von der Presse gehetzt, von seinen Mitspielern unterschätzt und vom Trainer missachtet. Was ist schiefgelaufen zwischen Nicolas Anelka und Real Madrid? Er war zum Zeitpunkt seiner Verpflichtung eine sehr spekulative Investition. Anelkas Referenz war die vergangene Saison, in der er 17 Tore für den FC Arsenal erzielte und zum besten Nachwuchsspieler der Premier League gewählt wurde. Ronaldo hatte eine ähnliche Vorgeschichte und erzielte dann als 20-jähriger 34 Saisontore für den FC Barcelona. Dafür hat Anelka noch ein Weilchen Zeit. Genau sechseinhalb Jahre. So lange läuft sein Vertrag bei Real.

Peer Vorderwülbecke

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