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Sieben Tore in einem Spiel: Und noch ein Tor und noch ein Tor

Borussia Mönchengladbach führt gegen Bremen nach 35 Minuten schon 4:1 und gewinnt dann 4:3. Überragender Mann war der Gladbacher Raul Bobadilla, der zei Tore vorbereitete und zwei selbst schoss.

Nach diesem verrückten Nachmittag wollte Michael Frontzeck niemandem mehr recht trauen, nicht einmal sich selbst. „33 Prozent Ballbesitz für uns, 67 Prozent für Werder Bremen, das sehe ich doch richtig mit meinen alten Augen?", fragte der Trainer von Borussia Mönchengladbach, 45 Jahre alt und noch ohne Lesebrille auf der Nase, beim Blick auf die offizielle Spielstatistik. Und gleich darauf erinnerte Frontzeck an das letzte Borussen-Heimspiel gegen Bochum: „Da hatten wir 70 Prozent Ballbesitz.“ Der Clou hinter der kleinen Zahlenakrobatik: Vor zwei Wochen verlor seine Mannschaft, gestern gewann sie. Und wie.

Mit 4:3 (4:2) waren die Gäste aus Bremen am Ende einer turbulenten Partie besiegt. Für die taumelnden Norddeutschen war es bereits die fünfte Niederlage in Folge – und die Umstände dieser neuerlichen Pleite bereiten Thomas Schaaf zunehmend Kopfzerbrechen. „Wenn ich sehe, wie wir uns unter der Woche vorbereitet haben, wie gut wir im Thema drin waren, und dann sehe, was hier passiert, ist das nur schwer zu verstehen“, murmelte der Werder-Coach betroffen. Passiert war unter anderem dies: „In der ersten halben Stunde haben wir im Prinzip keinen Zweikampf geführt.“

Und das hatte Konsequenzen: Nach Treffern von Marco Reus, Roberto Colautti und Raul Bobadilla lag Bremen nach nur 18 Minuten fast schon hoffnungslos mit 0:3 zurück. Der überragende Bobadilla hatte die ersten beiden Treffer vorbereitet. Alle drei Tore wurden über die linke Abwehrseite der Schaaf-Elf vorbereitet, wo der Tunesier Aymen Abdennour, einziger Neuzugang in der Winterpause, mit den blitzschnell vorgetragenen Angriffen der Hausherren komplett überfordert war. Das Publikum im verschneiten Mönchengladbach dagegen hatte seine helle Freude an dem Treiben, bei dem erst Werder, später aber auch die Borussia alle Abwehrschleusen sperrangelweit offen stehen ließen.

Nach dem zweiten Gegentor forderte Werder-Keeper Tim Wiese seine Vorderleute zu mehr Aufmerksamkeit auf, nach dem dritten schlug er nur noch seine Handschuhe verzweifelt vor die Augen. Vor lauter Begeisterung über das kinderleichte Spiel vernachlässigte aber auch Gladbach plötzlich das Defensivspiel. In der 26. Minute bereitete Ex-Borusse Marko Marin, von den einheimischen Fans pflichtschuldig ausgepfiffen, das 1:3 durch Mesut Özil vor. Und die Groteske auf dem Gladbacher Grün ging sofort weiter: Erst verfehlte Bobadilla das 4:1 haarscharf; doch drei Minuten später, als Wiese erneut weit aus seinem Tor geeilt war, holte der 22-Jährige das Versäumte nach.

Zum Luftholen in die Halbzeitpause entlassen wurden die Zuschauer aber erst, nachdem Claudio Pizarro auf Flanke von Aaron Hunt per Flugkopfball zum 2:4 getroffen hatte. In der immer noch sehr kurzweiligen zweiten Hälfte vergab zunächst Reus die mögliche Entscheidung kläglich. Dann gelang Wiese nach einem Bobadilla-Heber eine spektakuläre Rettungsaktion, so dass Bremen durch Torsten Frings per Foulelfmeter fünf Minuten vor dem Ende noch zum 3:4 kam. Gladbachs Torwart Logan Bailly hatte Marin gefoult. Damit aber war der Wahnsinn beendet – im Gegensatz zu Werders Sturzflug.

Nationalspieler Per Mertesacker, der schwach spielte und vor allem bei Bobadillas zweitem Tor dem Argentinier wie ein fauler Schulbub hinterher lief, sieht die schönen Werder-Pläne inzwischen stark gefährdet. „Es macht einen tief traurig, wenn immer wieder die gleichen Fehler passieren“, sagte der Innenverteidiger. „Wir brauchen in der Defensive elf willige Kicker, die sich gegenseitig absichern. Aber das war heute nicht der Fall, bei uns denkt momentan jeder nur an sich.“

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