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Plötzlich Nummer eins? Maximilian Mittelstädt könnte davon profitieren, dass Marvin Plattenhardt im Trainingslager von Hertha BSC fehlt.

© Imago/Matthias Koch

Wer darf bei Hertha BSC hinten links verteidigen?: Der Kampf um den Stammplatz ist offen wie nie

Hertha BSC hat aktuell drei Linksverteidiger unter Vertrag. Eigentlich mehr als genug. Doch schon im Sommer könnte keiner von ihnen mehr für den Klub spielen.

Lukas Ullrich ist in den vergangenen Monaten bei Hertha BSC ein bisschen außen vor gewesen. Das war an den ersten Tagen im Trainingslager in Florida nicht anders. Während seine Kollegen unter anderem am Umschaltspiel arbeiteten, schlängelte sich Ullrich unter Anleitung des Rehatrainers Hendrik Vieth auf dem Nebenplatz durch einen Parcours von Slalomstangen.

Ende des vergangenen Jahres ist der 18-Jährige am Daumen operiert worden, deshalb musste er eine Manschette um die lädierte Hand tragen und durfte nur eingeschränkt trainieren. Doch schon am Wochenende könnte es damit vorbei sein und Ullrich das komplette Programm mit seinen Kollegen absolvieren. Vielleicht gilt das für ihn bald auch im übertragenen Sinne.

„Er hat enormes Potenzial“, sagt Sandro Schwarz, der Trainer des Berliner Fußball-Bundesligisten, über den Linksverteidiger aus dem eigenen Nachwuchs. Seit dem Sommer ist Ullrich fester Bestandteil des Profikaders; gespielt hat er unter Schwarz allerdings noch nicht. Selbst für einen Platz im Kader hat es an den ersten 15 Spieltagen nicht gereicht.

Auf Ullrichs Position ist Hertha üppig besetzt – und doch kann es sein, dass von den vier Linksverteidigern, die zum Saisonstart im August bei den Berlinern unter Vertrag standen, im kommenden Sommer kein einziger mehr da ist.

Wir wollen ihn unbedingt behalten, weil wir an ihn glauben.

Herthas Sportchef Fredi Bobic über das Linksverteidigertalent Lukas Ullrich.

Einer, Fredrik Björkan, ist schon weg. Der Norweger, den Hertha erst vor einem Jahr verpflichtet hat, ist in dieser Woche zu seinem Heimatverein FK Bodö/Glimt zurückgekehrt – nachdem er im vergangenen halben Jahr bereits an Feyenoord Rotterdam verliehen war. „Ein super Junge“, sagt Herthas Sportchef Fredi Bobic über Björkan, „aber er hat sich schwer getan, eine Freude zu entwickeln, ist nie so richtig angekommen.“

Bei den anderen drei – Kapitän Marvin Plattenhardt, Maximilian Mittelstädt und eben Ullrich – laufen die Verträge nach dieser Spielzeit aus. Zumindest für Plattenhardt gibt es bei Hertha keine Zukunft mehr. Dass er den Klub im Sommer nach dann neun Jahren verlassen wird, das steht bereits seit einigen Wochen fest, ist allerdings erst jetzt öffentlich kommuniziert worden.

Lukas Ullrich ist mit elf Jahren in die Jugend von Hertha BSC gewechselt. Dass er über den Sommer hinaus bleibt, ist jedoch fraglich.

© Imago/Matthias Koch

Im Grunde trainiert Hertha in Florida also bereits den Ernstfall für die Zeit nach Plattenhardt. Der Kapitän ist in Berlin geblieben, weil er nicht den für eine Einreise in den USA nötigen Impfstatus besitzt. Aber so einfach ist die Sache nicht.

Fredi Bobic würde die Verträge mit Mittelstädt und Ullrich gerne verlängern. Doch bis vor kurzem schien es bei beiden wahrscheinlicher, dass sie Hertha nach der Saison verlassen, als dass sie über den Sommer hinaus bleiben.

Mittelstädt, 25, wird konkret mit Bundesligaaufsteiger Werder Bremen in Verbindung gebracht. Und Ullrich wollte bereits im vergangenen Sommer wechseln, nachdem er mit Herthas U 19 das Finale um die deutsche Meisterschaft erreicht hatte.

Sportchef Bobic hat den angeblich bereits feststehenden Transfer zu Borussia Mönchengladbach jedoch unterbunden – auch auf die Gefahr hin, dass Ullrich Hertha im Sommer 2023 verlässt.

Ullrich wollte schon vorigen Sommer weg

Das Talent des Teenagers ist offenkundig. Sein Weggang wäre für die Berliner ein großer Verlust, würde aber die Reihe von Spielern aus dem eigenen Nachwuchs fortschreiben, die den Berlinern allzu früh abhanden gekommen sind. Ullrich hat von Hertha schon länger ein Vertragsangebot vorliegen. „Wir wollen ihn unbedingt behalten, weil wir an ihn glauben“, sagt Bobic.

Inzwischen gelten nicht nur die Gladbacher, die im Sommer Ersatz für Ramy Bensebaini benötigen, als interessiert, sondern auch Eintracht Frankfurt, der VfB Stuttgart, Werder Bremen und die TSG Hoffenheim. Neben finanziellen Erwägungen dürfte für Ullrich die Frage entscheidend sein, wo er für sich die größten Chancen auf regelmäßige Einsätze sieht.

Dass Plattenhardt in Florida fehlt, verändert die Geschäftsgrundlage – wenn auch wohl nicht in dem Maße, wie es die Scharfrichter der öffentlichen Meinung suggeriert haben. Trainer Schwarz ist in Florida sehr entschieden dem Eindruck entgegengetreten, dass sein Kapitän dem Furor der Massen geopfert werden könnte.

Die öffentliche Debatte über Plattenhardts Standing und die Spekulationen über eine mögliche Absetzung als Kapitän hat Schwarz regelrecht erregt. „Das wird Platte nicht gerecht“, sagte er.

In der Hinrunde war der frühere Nationalspieler bei Hertha die klare Nummer eins als Linksverteidiger – mit deutlichem Abstand vor seinen beiden internen Konkurrenten. Möglicherweise sieht das ein wenig anders aus, wenn die Mannschaft in zwei Wochen mit dem Auswärtsspiel in Bochum ins neue Fußballjahr startet.

Hertha will Mittelstädt und Ullrich halten. Da wäre es als Argumentationshilfe vermutlich nicht verkehrt, wenn sie das Gefühl bekommen, dass man wirklich auf sie setzt.

„Die Konkurrenzsituation ist genau dieselbe, wie wir sie im Sommer hatten“, sagt Herthas Trainer. „Wir haben drei Spieler für diese Position. Einer von ihnen wird gegen den VfL Bochum spielen. Ganz einfach.“ Wobei Marvin Plattenhardt auch in der nächsten Woche keine Chance haben wird, sich seinem Trainer durch besondere Trainingsleistungen zu empfehlen.

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