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Wirtschaft: Lafontaine fordert Zinssenkung

BONN (uhl/HB).Bundesfinanzminister Oskar Lafontaine (SPD) hat am Mittwoch in Bonn den Jahreswirtschaftsbericht 1999 vorgestellt, den das Bonner Kabinett zuvor verabschiedet hatte.

BONN (uhl/HB).Bundesfinanzminister Oskar Lafontaine (SPD) hat am Mittwoch in Bonn den Jahreswirtschaftsbericht 1999 vorgestellt, den das Bonner Kabinett zuvor verabschiedet hatte.Er verteidigte dabei die wirtschafts- und finanzpolitische "Neuausrichtung" der Bundesregierung.Im Bundestag bekräftigte der Minister, die Koalition strebe ein "ausgewogenes Verhältnis" der Angebots- und Nachfragepolitik an.Deshalb wäre es falsch gewesen, gegenwärtig eine stärkere Haushaltskonsolidierung anzustreben.Lafontaine sprach sich erneut für eine produktivitätsorientierte Lohnpolitik aus.Er mahnte zugleich, auch die Geldpolitik sollte bei Wahrung der Geldstabilität beschäftigungswirksame Impulse geben.

In ihrem Jahreswirtschaftsbericht geht die Bundesregierung für das laufende Jahr von einem realen Wirtschaftswachstum von 2,0 Prozent und damit einer leichten Wachstumsabschwächung verglichen mit dem Jahr 1998 aus.Wegen eines erwarteten Nachlassens der Rezession im ostdeutschen Baugewerbe könne sich für die neuen Bundesländer ein überproportionales Wachstum von bis zu 2,5 Prozent ergeben.Erwartet wird ferner eine Preissteigerungsrate von rund einem Prozent.Der private Verbrauch soll 1999 um 2,5 Prozent steigen nach 1,7 Prozent im Vorjahr.Die Zahl der Arbeitlosen wird sich dem Bericht zufolge im Jahresdurchschnitt um knapp 200 000 auf 4,1 Millionen verringern.

Die Reaktionen aus Politik und Wirtschaft auf den Bericht fielen kritisch aus.Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Michael Glos, hält das Wachstumsziel von zwei Prozent für Zweckoptimismus.Und dies nicht wegen möglicher Folgen internationaler Wirtschafts- und Finanzkrisen, sondern wegen der weit verbreiteten Unsicherheit bei Unternehmen und Verbrauchern, die durch die Wirtschafts- und Finanzpolitik der Regierung Schröder entstanden sei.Der Bundesverband der Deutschen Industrie erklärte, angesichts der ebenso unlogischen wie verunsichernden Politik von Rot-Grün sei nicht auszuschließen, daß noch nicht einmal die prognostizierten zwei Prozent Wachstum erreicht werden.Nach Ansicht des Deutschen Industrie- und Handelstages durchzieht die trügerische Hoffnung auf eine Belebung des Arbeitsmarktes die Geldpolitik wie ein roter Faden den Bericht.Der Deutsche Gewerkschaftsbund findet es "bedauerlich, daß die Bundesregierung 4,1 Millionen Arbeitslose einfach so hinnehmen will" und fordert eine Erhöhung der öffentlichen Investitionen.

Wie Lafontaine nach der Kabinettssitzung erklärte, sei der in den letzten Jahren verfolgte wirtschaftspolitische Kurs vor allem bei der Verbesserung der Beschäftigungssituation nicht erfolgreich gewesen.Die neue Bundesregierung habe deshalb eine "Neuausrichtung der Wirtschafts- und Finanzpolitik eingeleitet".Dazu gehörten ein Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit, ein ausgewogenes Verhältnis von Angebots- und Nachfragepolitik und eine "gesellschaftliche Koordinierung", damit Finanz-, Lohn- und Geldpolitik "konfliktfrei zusammenspielen" könnten.

Die Erschütterung der Weltwirtschaft durch viele regionale Turbulenzen an den Finanz- und Devisenmärkten könne für die Bundesregierung, angesichts ihrer starken internationalen Einbindung, nicht ohne Folgen bleiben.Allerdings rechneten alle Konjunkturexperten in Übereinstimmung mit der Bundesregierung nur mit einer "kurzen Wachstumsdelle".Vor allem der private Verbrauch dürfte sich verstärken.Er werde mehr als alle anderen inländischen Nachfrageaggregate zum Wachstum beitragen und vor allem von der voraussichtlich beschleunigten Zunahme der verfügbaren Einkommen profitieren.

Die Lohnpolitik muß sich dabei laut Lafontaine auf einem verläßlichen Pfad bewegen.Das geschehe am besten durch gesamtwirtschaftliche Lohnzuwächse, die sich am mittelfristigen Produktivitätsfortschritt orientierten und die das Preisstabilitätsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) beachteten.Zusammen mit der Fortsetzung der finanzpolitischen Konsolidierung werde dann genügend Spielraum für die Geldpolitik entstehen, um bei Wahrung der Geldwertstabilität beschäftigungswirksame Impulse geben zu können.

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