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Lkw-Branche: VW und Wallenberg haben beste Karten

MAN hat den monatelangen Poker um Scania verloren. Doch der Kampf um einen neuen europäischen Lastwagen-Riesen hat gerade erst begonnen.

München - Dabei hält Volkswagen die besten Karten in der Hand. Ein alter Traum des mächtigen Aufsichtsratschefs Ferdinand Piëch könnte Wirklichkeit werden: Ein neuer Lkw-Konzern unter Führung von VW. Die Wolfsburger und die schwedische Finanzgesellschaft Investor, die zur Wallenberg-Gruppe gehört, haben als mit Abstand größte Anteilseigner bei Scania das Sagen, Volkswagen ist zudem Hauptaktionär bei MAN.

Der Münchner Nutzfahrzeugkonzern MAN, der seine Offerte für Scania am Dienstag zurückgezogen hatte, ist nach Ansicht von Experten vom Jäger zum Gejagten geworden. "Piëch und der Investor-Aufsichtsratsvorsitzende Jacob Wallenberg haben das Heft des Handelns in die Hand genommen", kommentiert Autoanalyst Frank Schwope von der Nord/LB die Ereignisse. Auf Betreiben Piëchs war Volkswagen im Jahr 2000 als Großaktionär bei Scania eingestiegen - die Wolfsburger wollten damals groß ins Lkw-Geschäft einsteigen. Die Scania- Beteiligung brachte VW zwar eine ordentliche Rendite, das Geschäft mit Schwerlastern fristet aber immer noch ein Nischendasein im Konzern. 2003 sorgten Spekulationen für Wirbel, VW wolle die Lastwagen-Sparte von MAN übernehmen - dies blieb aber damals aus.

Der Anfang vom Ende für das MAN-Angebot war gekommen, als der VW-Aufsichtsrat vor zwei Wochen die 10,3 Milliarden-Offerte ablehnte - eine schallende Ohrfeige für MAN-Vorstandschef Håkan Samuelsson, der am Mittwoch noch einmal seine Beweggründe für die Übernahmepläne in einem Brief an die Mitarbeiter erläuterte. MAN strebe jetzt einen freundlichen Zusammenschluss mit Scania und den Schwerlaster- Aktivitäten von VW an, bekräftigte Samuelsson.

Piëch könnte MAN zerschlagen

An der Börse sorgten Fantasien über einen möglichen gemeinschaftlichen Gegenangriff von VW und dem zweitgrößten Scania-Aktionär Investor schon einmal für heftige Kursbewegungen. Auch wenn alle Beteiligten abwinkten und sich bemühten, die Gemüter zu beruhigen, gehen Branchenkenner davon aus, dass Volkswagen unter Piëch bei den weiteren Gesprächen seinen Machtanspruch demonstrieren wird. "Die große Befürchtung ist jetzt: Wenn Piëch es macht, wird er den MAN-Konzern zerschlagen", sagt Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer. Das wäre aus Sicht Dudenhöffers nicht nur für MAN, sondern auch für den Wolfsburger Autobauer von Nachteil, der nach der personellen Neuordnung an der Führungsspitze nun mit Hochdruck an der Lösung seiner Probleme in der Autosparte arbeiten muss.

Auch der MAN-Betriebsrat stellt sich strikt gegen eine Aufspaltung und sieht sich dabei auf einer Linie mit Konzernchef Samuelsson. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass das VW-Management einen deutschen Konzern zerschlagen will", sagt Konzernbetriebsratschef Lothar Pohlmann. Die Chancen für eine einvernehmliche Lösung zwischen den Beteiligten beurteilt er zuversichtlich: "Ich bin davon überzeugt, dass es weitergeht."

MAN bleibt vielleicht Single

Wie eine künftige europäische Nutzfahrzeug-Allianz aussehen könnte, ist jetzt wieder völlig offen: Neben einem Unternehmen unter Führung von VW sei auch ein Gemeinschaftskonzern von VW, MAN und Scania mit drei Marken möglich, sagt Dudenhöffer. Denkbar aber auch, dass VW nur Scania übernimmt. "Dann könnte sich MAN frei schwimmen und sich einen neuen Partner suchen. Das wäre die beste Lösung."

In Schweden war am Tag nach der Rücknahme der MAN-Offerte eine gewisse Siegerlaune in Medienberichten und Kommentaren nicht zu überhören. "Das Spiel ist aus für MAN" titelte beispielsweise die Tageszeitung "Dagens Nyheter". In dem erbitterten Übernahmestreit war in der schwedischen Öffentlichkeit vor allem befürchtet worden, dass die "Perle" der heimischen Nutzfahrzeug-Industrie in ausländische Hände gerät. Regierungschef Fredrik Reinfeldt reagierte daher nach entsprechend erleichtert auf den Rückzug von MAN: "Ich kann nur hoffen, dass Scania weiter in schwedischer Hand bleibt und auch die Zentrale in Schweden bleibt", zitierte ihn die schwedische Nachrichtenagentur TT. (Von Christine Schultze, dpa)

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