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Protektionismus ist keine Lösung.

© istockphoto/Goa_Novi

Der Subventionskrieg der USA: „Die innenpolitischen Folgen sind selbstzerstörerisch“

Rein nationale Lieferketten aufzubauen, ist teuer und unproduktiv. Auch die Armut weltweit wird zunehmen. Aber auch die Vereinigten Staaten wären Verlierer.

Ein Gastbeitrag von Adam Posen

Die Regierung von US-Präsident Joe Biden hat von der EU zwar den Begriff des „De-Risking“ übernommen und zugegeben, dass eine wirkliche Abkopplung von China oder der EU nicht möglich ist. Dennoch versucht sie weiterhin, große Teile der Weltwirtschaft, darunter China, von der EU zu trennen.

Neben Export- und Investitionskontrollen ist ihr großes Projekt der Subventionskrieg im verarbeitenden Gewerbe, den sie mit dem Inflation Reduction Act (IRA) und dem Förderprogramm für die Chipindustrie (Chips-Act) begonnen hat.

Es ist erwiesen, dass staatliche Ausgaben für Forschung und Entwicklung, für die Ausbildung von Arbeitnehmern, für Infrastruktur und die beschleunigte Regulierung von Innovationen positiv sind.

Sobald Politiker jedoch anfangen, Geld an einzelne Unternehmen und an bestimmte Produktionsstandorte zu verteilen und diese Unternehmen gegenüber potenziellen Rivalen zu bevorzugen – schließlich müssen sie öffentliche Investitionen schützen –, entsteht eine schlechte Dynamik.

Für ein Unternehmen gibt es nichts Besseres als den Staat als faktischen Bürgen. Für die Gesellschaft schafft das aber gleich mehrere Probleme.

Auf internationaler Ebene führt es zu Vergeltungsmaßnahmen, zum Ausschluss armer Länder, zu einer geringeren Akzeptanz neuer Technologien und zu Korruption. Die innenpolitischen Folgen für alle Länder, die diesen Weg einschlagen, sind indes noch schlimmer.

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Sie enden damit, dass alteingesessene Unternehmen zu einer politisch heiligen Kuh werden, wie wir es bei staatlichen Unternehmen und Banken in China gesehen haben. Man kann keine Mitarbeiter abbauen, den Standort nicht verlagern und keinen Wettbewerb zulassen.

Das politische Gewicht der etablierten Unternehmen führt zu zahlreichen Ungerechtigkeiten. Neue Marktteilnehmer werden ebenso unterdrückt wie die Dynamik eines Marktes.

Russland und Nordkorea haben gezeigt, dass es nicht funktioniert

Der Versuch, ganze Lieferketten nachzubilden, ist also äußerst ineffizient. Man muss eine gewisse Versicherungsprämie zahlen, um widerstandsfähigere Lieferketten zu schaffen, aber das geht viel zu weit.

Der Versuch, die Selbstversorgung in einem größeren Industriezweig zu erreichen, bei dem es nicht nur um einen einfachen Rohstoffabbau wie in einem Bergwerk geht, ist selbstzerstörerisch. Der Grund ist der Wert, den Diversifizierung schafft.

Ja, geschwächte Lieferketten, die von potenziell feindlich gesinnten Gastgebern abhängig sind, stellen eine Schwachstelle dar. Aber das Gleiche gilt für die gesamte oder den größten Teil der Produktion im eigenen Land. Sie ist Naturkatastrophen ausgesetzt, Klimaveränderungen, instabilen politischen Verhältnissen, innerstaatlichem Terrorismus und einer unzuverlässigen oder mangelhaften Produktion durch die Korruption lokaler Hersteller, die zu groß sind, um zu scheitern.

Globales Wachstum könnte deutlich sinken

Russland und Nordkorea haben sehr hart daran gearbeitet, sich selbst mit begrenzten Lieferketten zu versorgen, und das hat nicht gut funktioniert.

Der eigentliche Schaden der Entkopplung und des Konflikts zwischen den zunehmend verfestigten Wirtschaftsblöcken USA, China und EU liegt nicht so sehr in Handelsschranken, so schlimm sie auch sind, sondern im geringeren Produktivitätswachstum.

Ersparnisse würden sich in Wirtschaftsblöcken stauen, die sich nicht bewegen und daher geringere und volatilere Erträge erzielen. Finanzierung und Lieferanten wären weniger diversifiziert, es gäbe weniger unterschiedliche Ideen und Geschäftspraktiken sowie weniger Wettbewerb, was sich direkt auf die Produktivität auswirkt.

Wenn der wirtschaftliche Nationalismus zur Staatspolitik wird, wird es auch zu weiteren Beschränkungen der Migration, der ausländischen Direktinvestitionen und des Informations- und Technologieflusses kommen.

Wenn wir so weitermachen, werden sich die Wachstumsaussichten in der Welt deutlich verschlechtern. Das vorhandene Wachstum wird sich noch stärker in den Volkswirtschaften mit hohem Einkommen konzentrieren, einschließlich China.

Für Entwicklungsländer wird es immer schwieriger, diese Entwicklung zu durchbrechen. Es sei denn, sie verpflichten sich zu politischer Loyalität gegenüber China, der EU oder den USA, auf die sie sich aber nicht dauerhaft verlassen können.

Gelegentlich wird es Länder geben, die vorübergehend kritische Rohstoffe besitzen und versuchen werden, die drei Blöcke in einem Bieterkrieg gegeneinander auszuspielen. Aber das ist dauerhaft kein Vorteil.

Die Kosten für den Risikoabbau sind zu groß

Denn das geringere globale Produktivitätswachstum wird die weltweite Ungleichheit erhöhen, unsere Reaktion auf den Klimawandel erschweren und die Fähigkeit selbst von Volkswirtschaften mit hohem Einkommen, auch der USA, verringern, ihren Verpflichtungen gegenüber ihren Bürgern nachzukommen.

Der fiskalische Spielraum wird sinken, während in den kommenden zehn Jahren die öffentlichen Ausgaben für Verteidigung, Klimaanpassung und den Umgang mit der alternden Bevölkerung steigen müssen.

Wenn wir uns in einem Subventionskrieg zwischen der EU, den USA und China befinden und das Vereinigte Königreich, Indien und einige andere törichterweise versuchen, ebenfalls mitzuspielen, werden die Haushaltskrisen immer größer.

Es ist für unsere Gesellschaften weitaus konstruktiver, öffentliche Gelder für die bereits gesetzten Prioritäten auszugeben.

Die vermeintlichen Vorteile für die nationale Sicherheit, den ein solch aggressiver Abbau von Risiken insbesondere im Hinblick auf China bietet, sind die hohen Kosten nicht wert.

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